Im Rahmen eines Seminars zur Unfallanalyse sollte den Teilnehmern das Auslesen von Steuergeräten gezeigt werden. Dazu wurde die Vorderachse eines VW Passat B8 (Typ 3G, Frontantrieb, 6-Gang Schaltgetriebe, Erstzulassung 2015) angehoben, sodass sich die Vorderräder frei drehen konnten. Das vordere linke Rad wurde entfernt. Damit war der Steckkontakt für den Raddrehzahlsensor frei zugänglich.
Im Anschluss wurde der Motor angelassen, eingekuppelt und bis zum dritten Gang beschleunigt, sodass im Tachometer eine Geschwindigkeit von 36 km/h angezeigt wurde. Eine Fehlermeldung erschien nicht. Das anschließende Abziehen des Steckkontakts vom Radsensor führte direkt zu einem Aufleuchten der Warnleuchten für ABS und ESC. Im Tachometer fiel die angezeigte Geschwindigkeit auf etwa 25 km/h ab, obwohl der eingelegte Gang und die Drehzahl des Motors nicht verändert wurden.
Die Auswertung des abgelegten Fehlercodes 12888 (Steuergerät für ABS) mit dem VCDS von Ross-Tech ergab, dass zahlreiche Umgebungsdaten beim Ablegen des Fehlers mit gespeichert wurden, auch eine Fahrzeuggeschwindigkeit von 25 km/h.
Nach dem Löschen der Fehler wurde der Versuch im Anschluss zweimal mit anderen Geschwindigkeiten laut Tacho wiederholt. Anstatt der angezeigten Fahrgeschwindigkeit von 57 km/h und nach Abziehen des Steckers von 29 km/h war im Fehlerprotokoll wieder eine Fahrgeschwindigkeit von 25 km/h aufgeführt. Beim letzten Versuch fiel die Tachometergeschwindigkeit von 52 km/h auf 28 km/h ab und im Fehlerprotokoll waren 0 km/h im Fehlerprotokoll nachzulesen.
Auch ohne eine weitere Ursachenuntersuchung macht diese Versuchsreihe deutlich, dass ausgelesene Daten mit größter Vorsicht zu behandeln und einer Plausibilitätsüberprüfung zu unterziehen sind.
Dipl.-Ing. B. Walter ifu leipzig/westfalen
Veröffentlicht in: VKU Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 10/2019